Drohendes Chaos durch Absenkung der Umsatzsteuersätze

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Der Koalitionsausschuss einigte sich Anfang Juni auf eine sechsmonatige Senkung der Umsatzsteuersätze von 19 % auf 16 % bzw. von 7 % auf 5 %. Das Ganze soll schon ab 1.7.2020 gelten! Die auf ein halbes Jahr beschränkte Umstellung stellt einen bürokratischen Super-GAU dar, der zahlreiche Fragen aufwirft. Der DStV kritisiert die kurzfristige Umstellung in seiner Stellungnahme scharf und fordert praxisgerechte Lösungen.
Die Nachricht über die Einigung im Koalitionsausschuss auf die temporäre Absenkung der Umsatzsteuersätze kam wie Kai aus der Kiste! Die riesige Welle an Hilferufen aus der Praxis ließ nicht lange auf sich warten. Für betroffene Unternehmer und ihre steuerlichen Berater ist es schier unmöglich, sich in weniger als einem Monat auf die Folgen der Umsatzsteuersatzanpassung einzustellen. Zum einen ist die IT-Umstellung der Rechnungsstellungssysteme, der Buchführungssoftware und der Kassensysteme in dieser kurzen Zeit nicht leistbar. Zum anderen arbeiten gerade kleine und mittlere Kanzleien als erste Ansprechpartner ihrer Mandanten während der Corona-Krise bereits am Limit. Die Umstellung der Umsatzsteuersätze geht mit zahlreichen Praxisfragen einher. Der Deutsche Steuerberaterverband e.V. (DStV) fordert in seiner Stellungnahme S 05/20 nachdrücklich Abhilfe. Verlängerung der Abgabefrist für die Umsatzsteuervoranmeldungen dringend geboten Eine der größten Probleme in der Praxis dürfte die rechtzeitige Anpassung der Buchführungssoftware werden. Die gängigen, in der Buchhaltung verwendeten Standardkontenrahmen (bspw. bei der DATEV: SKR 03 und SKR 04) können Umsätze zu den „neuen“ Steuersätzen noch nicht vollständig abbilden. Hierfür notwendige Konten müssen erst ergänzt werden. Klar ist: Ohne die notwendigen Softwareanpassungen wird die Buchführung brach liegen. Sämtliche Umsätze mit manuellen Korrekturbuchungen zu erfassen wäre absurd. Ein intransparentes Chaos wäre die Folge. An die Erstellung korrekter Umsatzsteuervoranmeldungen ist unter diesen Voraussetzungen nicht zu denken. Der DStV fordert daher dringend, die Frist zur Abgabe der Umsatzsteuer-Voranmeldungen zu verlängern. Probleme bei Kassenumstellungen vorprogrammiert Unternehmer mit Registrierkassen müssen diese äußerst kurzfristig auf die abgesenkten Umsatzsteuersätze umstellen. Hinzukommt, dass digitale Kassen spätestens ab dem 1.10.2020 eine manipulationssichere zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung (TSE) benötigen. Die Auswirkungen der Absenkung der Umsatzsteuersätze auf die TSE sind noch völlig unklar. Bräuchten Steuerpflichtige für den Zeitraum der abgesenkten Umsatzsteuersätze etwa ein neues Zertifikat? In diesem Fall müssten sie erneut viel Geld in die Hand nehmen. Ferner ist nicht einmal sicher, ob die TSE die neuen, abgesenkten Umsatzsteuersätze technisch verarbeiten kann. Eine kurzfristige Anpassung der technischen Voraussetzungen scheint äußerst ungewiss; besonders vor dem Hintergrund, dass bisweilen die Zertifizierungsverfahren nach wie vor nicht abgeschlossen sind. Angesicht der ohnehin coronabedingten angespannten Lage in der Bargeldbranche und der unklaren Folgen der Umsatzsteuersatzsenkung auf die TSE fordert der DStV, die bisherige Nichtbeanstandungsregelung zu verlängern. Die TSE sollte erst ab 1.1.2021 verpflichtend sein. Vereinfachung für bereits abgerechnete Leistungen gefordert Unternehmer, die bereits über Leistungen abgerechnet haben, die zwischen Juli und Jahresende ausgeführt werden, haben ein Problem: Die in den Rechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer ist zu hoch. Der Steuersatz richtet sich schließlich nach dem Zeitpunkt der Leistungsausführung. Die Leistungen hätten entsprechend mit 16 % bzw. 5 % abgerechnet werden müssen. Ohne eine Rechnungsberichtigung schulden Unternehmer in diesen Fällen die zu hoch ausgewiesene Steuer. Zum Vorsteuerabzug berechtigte Leistungsempfänger können hingegen nur die gesetzliche, also herabgesetzte Vorsteuer geltend machen. Es kommt zu einer Lose-Lose-Situation. Der DStV fordert daher eine Übergangsregelung. Im Ergebnis sollte die Besteuerung der bereits abgerechneten Umsätze mit 19 % bzw. 7 % USt nicht beanstandet werden. Dem zum Vorsteuerabzug berechtigten Leistungsempfänger sollte aus Gründen der Praktikabilität aus derartigen Rechnungen gleichfalls ein Vorsteuerabzug in Höhe des ausgewiesenen Steuersatzes (19 % bzw. 7 %) gewährt werden. Gleiches sollte zum Jahreswechsel 2020/2021 für die Rückkehr zu den derzeitigen Steuersätzen gelten. Hinweis: Der DStV hat in seiner Stellungnahme auf die Dringlichkeit eines zeitnahen, klärenden BMF-Schreibens hingewiesen. Diese Forderung hat Früchte getragen. So hat das BMF kurzfristig einen ersten Entwurf für ein begleitendes BMF-Schreiben veröffentlicht. Die abschließenden Erörterungen von Bund und Ländern bleiben abzuwarten. Stand: 15.6.2020 Lesen Sie hierzu auch: Mit steuerlichem „Wumms“ aus der Corona-Krise?

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