Sechs Jahre DAC-Richtlinie: Kosten/Nutzen der Zusammenarbeit Europäischer Steuerbehörden auf dem Prüfstand
Im Jahr 2013 trat die sog. DAC-Richtlinie über administrative Zusammenarbeit in Steuersachen (2011/16/EU) in Kraft. Obwohl die DAC-Richtlinie bei der Umsetzung noch immer Kinderkrankheiten aufwies, wurde ihr Anwendungsbereich bereits fünfmal erweitert (DAC 1-6). Die Europäische Kommission hat nun eine Bewertung der DAC-Richtlinie in Bezug auf Wirksamkeit, Kosten und Nutzen veröffentlicht. Der Titel des über 100-seitigen Arbeitspapiers der Europäischen Kommission zur Kosten-Nutzen-Bewertung der DAC-Richtlinie (SWD(2019)327 final) liest sich erstmal vielversprechend. Schließlich gilt das Regelwerk als Meilenstein für das Zusammenwirken der EU-Staaten im Steuerrecht; für Visionäre eines gemeinsamen europäischen Steuerrechts sogar als dessen Urknall schlechthin. Dabei fällt das bisherige Fazit der Mitgliedstaaten über die zu erreichenden Ziele, etwa der Sicherung von Steuereinnahmen, der Erzielung von mehr Steuergerechtigkeit oder der Bekämpfung von grenzüberschreitendem Steuerbetrug, eher ernüchternd aus. Mangels zur Verfügung gestellter Daten der Mitgliedstaaten, gerät die Bewertung des monetären Nutzens zudem allzu schnell zur schieren Kaffeesatzleserei. Denn tatsächlich kamen lediglich sechs der 28 Mitgliedstaaten der Aufforderung der Kommission nach und übermittelten einigermaßen verlässliche Daten. Diese bilden die Grundlage für eine recht kühne Hochrechnung, um darzulegen, dass der finanzielle Nutzen der DAC- Richtlinie die geschätzten 231 Millionen Kosten für deren Einführung übersteigen soll. Große Mitgliedstaaten wie Deutschland, Frankreich oder Italien sahen von der gewünschten Datenlieferung dagegen gänzlich ab. Genau diese fehlende Zuarbeit der Mitgliedstaaten macht das Arbeitspapier zu einem Sinnbild für die schwierigen Beziehungen zwischen Kommission und Mitgliedstaaten im Umgang mit dem europäischen Steuerrecht, einem originären Hoheitsrecht der Mitgliedstaaten. In dessen Wirkungskreis die Europäische Kommission allenfalls als nützliche Handlangerin geduldet ist. Dagegen sieht sich die überwiegende Mehrheit der Mitgliedstaaten ganz offensichtlich nicht als Gehilfin der Europäischen Kommission. Da verwundert es nicht, dass die DAC-Richtlinie während ihrer kurzen Wirkungsdauer rekordverdächtige 58 Vertragsverletzungsverfahren produzierte. Fünf davon sind noch anhängig. In Steuersachen lassen die Mitgliedstaaten nun mal ungern Einmischungen aus Brüssel zu. Stand: 11.11.2019