One-Stop-Shop der Finanzbehörde für KMU mit Betriebsstätte im Ausland

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Die EU-Kommission hat einen Vorschlag für ein hauptsitzbasiertes Steuersystem für KMU mit Betriebsstätte im innereuropäischen Ausland unterbreitet. Der Vorschlag sieht die Möglichkeit vor, dass Unternehmen sich ausschließlich an die Finanzbehörde des Hauptsitzes wenden können.

Fazit des DStV: 1x Daumen hoch und 1x Daumen drücken.

Mit ihrem KMU- Entlastungspaket hatte die EU-Kommission im September 2023 ein ganzes Bündel voller Ankündigungen zur Entlastung von klein- und mittelständischen Unternehmen (KMU) veröffentlicht. Als Teil dieses Entlastungspakets will die EU-Kommission ein optionales Steuersystem für KMU einführen, soweit diese eine oder mehrere grenzüberschreitende Betriebsstätten im innereuropäischen Ausland betreiben. Der Richtlinienvorschlag soll zu einer Steuervereinfachung für KMU führen und damit die Hemmschwelle für Unternehmen senken, im EU-Binnenmarkt tätig zu werden. Dabei will der Vorschlag mit dem wenig winterlichen Akronym HOT („Head Office Tax System“) KMU die Möglichkeit bieten, die Zuständigkeit einer einzigen Steuerbehörde des Hauptsitzes zu wählen. Quasi ein One-Stop-Shop der Finanzbehörde.

Der Deutsche Steuerberaterverband (DStV) hat sich HOT näher angeschaut und im Wege des Rückmeldeverfahrens der EU-Kommission zum Vorschlag seine Stellungnahme eingereicht.

Daumen hoch für HOT

Insgesamt stellt der Vorschlag eine interessante steuerliche Option für diejenigen KMU dar, die grenzüberschreitende Geschäftstätigkeiten im Europäischen Binnenmarkt aufnehmen wollen oder bereits eine Betriebsstätte im innereuropäischen Ausland gegründet haben. Nach Ansicht des DStV könnte die Wahl eines einzigen vertrauten Steuersystems den Markteintritt für KMU in andere Länder des EU-Binnenmarkts tatsächlich vereinfachen. Denn für die Unternehmen reduzieren sich die Komplexität des Steuerrechts, die Befolgungskosten und nicht zuletzt bestehende Sprachbarrieren mit Finanzbehörden und Anbietern von Steuerberatungsleistungen in anderen Ländern.

Steuerberater in Deutschland können durch die Ausübung einer solchen Option des hauptsitzbasierten Steuersystems für ihre Mandanten zudem eine bessere und umfänglichere Beratung „aus einer Hand“ anbieten. Zumindest, soweit der Mandant seinen Hauptsitz in Deutschland hat.

Daumen drücken für HOT

Ob HOT jemals die hohen Hürden des Einstimmigkeitsprinzips der 27 Mitgliedstaaten im Rat der EU überwinden und damit über den derzeitigen Status „Vorschlag“ hinausgelangen wird, muss sich allerdings noch zeigen. Der DStV jedenfalls ist zunächst einmal skeptisch. Die nationalen Finanzverwaltungen, die strukturelle Veränderungen vornehmen und ein neues Level der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit beschreiten müssen, stünden im Falle der Einführung von HOT jedenfalls vor einer echten Herausforderung. Schließlich müsste sich die zuständige Finanzbehörde in Deutschland nicht allein mit den Finanzbehörden in den anderen Mitgliedstaaten über Steuersatz und der Anwendung des hauptsitzbasierten Systems austauschen. Es müsste auch ein entsprechender Austausch der Steuereinnahmen erfolgen. Und beim Geld hört die (europäische) Freundschaft ja bekanntlich auf.

Wichtigste Empfehlungen des DStV

a) Keep it small

Damit die Finanzverwaltungen mit der Umsetzung von HOT nicht völlig überfordert werden, unterstützt der DStV die vorgesehene Begrenzung des Anwendungsbereichs auf eigenständige KMU im Hauptsitz einerseits und auf reine Betriebsstätten im Ausland andererseits. Eine Erweiterung des Anwendungsbereichs auf KMU-Gruppen bzw. auf eigenständige Tochtergesellschaften im Ausland, sollte dagegen, zumindest im ersten Schritt, nicht in Betracht gezogen werden. Ansonsten droht HOT während des Gesetzgebungsverfahrens im Rat der EU, spätestens aber bei der Einführung des neuen Systems, unweigerlich auf Grund zu laufen.

Eine Einschränkung des Anwendungsbereichs auf bestimmte Rechtsformen, die die Option HOT ausüben können, lehnt der DStV dagegen ab. Eine solche Begrenzung stellt eine unangemessene Einschränkung des fairen Wettbewerbs und der unternehmerischen Freiheit dar. Stattdessen sollte darauf geachtet werden, dass alle Rechtspersönlichkeiten, die eine Betriebsstätte im innereuropäischen Ausland gründen können, auch das hauptsitzbasierte Steuersystem wählen können.

b) Keep it feasible

Nach dem Vorschlag müsste ein Unternehmen der zuständigen Finanzbehörde mindestens drei Monate vor Ablauf eines Geschäftsjahres mitteilen, ob es für das Folgejahr das hauptsitzbasierte Steuersystem wählt. Zwar hält der DStV eine solche Frist im Grundsatz für angemessen, damit die Finanzbehörden ausreichend Zeit für die erforderliche Umstellung zur Verfügung haben.

Andererseits bezweckt der Vorschlag gerade den Abbau von Hindernissen und einen vereinfachten Markteintritt für grenzüberschreitend tätige KMU. Zumindest die Erstgründungen von Betriebsstätten, die im letzten Drittel eines Geschäftsjahres des Hauptsitzes stattfinden, wären deshalb nach dem Wortlaut des Vorschlags von der Ausübung der Option für ein hauptsitzbasiertes Steuersystem ausgeschlossen. Für diese Fälle wäre ausschließlich das bisherige System des bisherigen „betriebstättenbasierten“ Steuersystems einschlägig. Ein KMU müsste in einem solchen Fall für ein Jahr ein kosten- und zeitaufwendiges sowie unvertrautes Steuersystem wählen und könnte sich erst im Folgejahr für das eigentlich gewünschte hauptsitzbasierte Steuersystem entscheiden.

Dies stellt nach Meinung des DStV ein unangemessenes Markteintrittshindernis dar. Daher schlägt der DStV vor, Erstgründungen von Betriebsstätten von dieser Frist auszunehmen.

Die gesamte Stellungnahme ist auf dstv.de veröffentlicht.

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