3 Fragen an MdB Florian Hahn (CDU/CSU)
3 Fragen – 3 Antworten: DStV-Präsident StB Torsten Lüth befragt mit Blick auf die Bundestagswahl die Abgeordneten aus den für Berufs- und Europarecht zuständigen Ausschüssen des Deutschen Bundestages. Der steuerberatende und wirtschaftsprüfende Berufsstand hat sich im Rahmen der Krisenbewältigung der Corona-Pandemie als verlässlicher Partner für Wirtschaft und Politik erwiesen. Dafür nimmt er derzeit außerordentliche Belastungen in Kauf. Natürlich stellen sich viele die Frage, wie es nach der Wahl weitergeht.
Wenige Wochen vor dem Wahltermin hat sich StB Torsten Lüth, Präsident des Deutschen Steuerberaterverbandes e.V. (DStV), mit jeweils drei zentralen Fragen aus den Bereichen Berufs- und Europarecht an die jeweils zuständigen Abgeordneten der Bundestagsfraktionen gewandt. In diesem Beitrag antwortet Florian Hahn, MdB Obmann seiner Fraktion im Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union.
Frage 1: Das Berufsrecht der Steuerberater*innen in Deutschland unterliegt den Regeln des Europäischen Binnenmarktes und damit nach Artikel 4 Abs. 2 der AEUV der geteilten Zuständigkeit sowie dem Subsidiaritätsprinzip.
Sehen Sie aufgrund des zunehmenden Drucks der Europäischen Kommission sog. „Hindernisse“ im Europäischen Binnenmarkt abzubauen mittelfristig noch eine Gestaltungsmöglichkeit für den nationalen Gesetzgeber bei den bestehenden Berufsrechten der Steuerberater*innen? Oder sind die Freien Berufe, so wie wir sie heute kennen, ein Auslaufmodell?
MdB Florian Hahn: Zu Ihrer ersten Frage ein klares Ja. Wir haben uns in den vergangenen Jahren immer wieder den Bestrebungen der EU-Kommission entgegengestellt, die Freien Berufe europaweit zu harmonisieren und vermeintliche Zugangsbeschränkungen abzubauen. Ich bin der Meinung, dass die Freien Berufe gerade aufgrund des hohen Qualifikationsniveaus eine bedeutsame Rolle in Wirtschaft und Gesellschaft einnehmen. Sie erwirtschaften einen erheblichen Teil unseres Bruttoinlandsprodukts. Mit Blick auf die zunehmende Tertiärisierung der Wirtschaft sind hohe berufliche Qualitätserfordernisse unabdingbar, wenn man dem zunehmenden Bedarf an hochwertigen freiberuflichen Dienstleistungen gerecht werden will. Daher werden wir uns weiterhin einer Harmonisierung nach unten bzw. jeglicher Absenkung des Qualitätsniveaus im Bereich der Freien Berufe widersetzen.
Frage 2: In internationalen Fachkreisen gilt das deutsche Berufsrecht mit den Steuerberater*innen als Organ der Steuerrechtspflege allgemeinhin als beispielhaft für die Sicherung von hoher Qualität, den Schutz von KMU, von Verbrauchern und als verlässliche Komponente für die Finanzbehörden. Die Europäische Kommission begründet die Notwendigkeit eines Abbaus von sog. „Hindernissen“, sprich Berufsrechten im Europäischen Binnenmarkt, dagegen mit mehr Wirtschaftswachstum. Rechtfertigt diese Begründung den Abbau von Berufsrechten?
MdB Florian Hahn: Nein, denn diese Begründung geht für mich an der Realität vorbei. Die Ausübung von besonders verantwortungsvollen und für eine Gesellschaft wichtige Tätigkeiten darf man nicht nur unter marktwirtschaftlichen Aspekten betrachten und dafür ggf. Berufsrechte opfern. Zudem zeigt sich, dass gerade das deutsche marktkonforme Regelungssystem Garant für unsere vergleichsweise gute Wirtschafts- und Beschäftigungslage – auch in Zeiten der Pandemie - ist.
Hohe Ausbildungsbeteiligung sowie eine hohe Zahl an freiberuflichen Existenzgründungen unterstreichen deren Bedeutung für die Marktwirtschaft. Die Initiative der EU-Kommission halte ich vor diesem Hintergrund aus deutscher Sicht für kontraproduktiv. Erst ein hohes Qualifikationsniveau ermöglicht auch das von der EU angestrebte hohe Schutzniveau.
Frage 3: Was ist Ihnen mit Blick auf Deutschlands Rolle in Europa besonders wichtig?
MdB Florian Hahn: Besonders wichtig ist mir, dass Deutschland für die anderen EU-Mitgliedsländer ein berechenbarer, vertrauenswürdiger und glaubwürdiger Ansprechpartner bleibt, insbesondere und gerade für die kleineren. Gemeinsam mit Frankreich kommt Deutschland als größtem und wirtschaftlich stärkstem Land in der EU eine Führungsrolle zu, deren aktive Wahrnehmung von den anderen Ländern auch erwartet wird. Hinzu kommt, dass Deutschland aufgrund seiner geografischen Lage zwischen Nord und Süd und Ost und West eine zentrale Gravitationskraft entfaltet – und entfalten muss, damit Europa zusammenhält. Deshalb muss Deutschland auch in Zukunft die Balance halten zwischen der Wahrnehmung seiner Rolle als ehrlicher Makler zwischen den unterschiedlichen Sorgen und Bedürfnissen in Europa einerseits und der seiner eigenen berechtigten Interessen andererseits.