Leichte Verbesserung bei der Reform der Betriebsprüfung
Der BMF-Referentenentwurf zur Beschleunigung der Betriebsprüfung aus Juli sah gravierende Verschärfungen bei den Mitwirkungspflichten und Sanktionen vor. Der DStV kritisierte das Paket in seiner Stellungnahme, bei einer Veranstaltung und in der F.A.Z. scharf. Manches mildert der vom Bundeskabinett am 24.8.2022 beschlossene Regierungsentwurf ab.
Seit 2019 verhandelten Bund und Länder über die Modernisierung der Betriebsprüfung (BP) – ein Vorhaben, das der Deutsche Steuerberaterverband e.V. (DStV) grundsätzlich begrüßt. Das mit dem Referentenentwurf vorgelegte Ergebnis war jedoch erschreckend. Einzelne, positiv zu wertende Neuerungen, wie Rechtsgrundlagen zur Stärkung der Digitalisierung der BP, waren nur ein schwacher Trost.
Neues Instrument: Qualifiziertes Mitwirkungsverlangen
Sehr bedrohlich wirkt die Einführung des sog. qualifizierten Mitwirkungsverlangens. Als Druckmittel gegenüber dem Steuerpflichtigen zielt es auf die Beschleunigung des Verfahrens ab. Nach dem Referentenentwurf sollte der Prüfer das Instrument anlass- und begründungslos einsetzen können. Kommt der Steuerpflichtige der Aufforderung innerhalb der gesetzlichen Monatsfrist nicht oder nicht vollständig nach, drohen empfindliche Strafen: ein automatisches Verzögerungsgeld von 100 € pro Tag, weitere Zuschläge sowie eine verlängerte Ablaufhemmung, mindestens um ein Jahr.
„In dieser Ausgestaltung stammt das Instrument aus dem Gruselkabinett des Verfahrensrechts und hat mit einem kooperativen Steuerverfahren nichts zu tun.“ monierte der DStV in dem BDI-Webtalk zur Beschleunigung der BP mit Vertretern des BMF, der Wissenschaft und Wirtschaft (DStV-Information vom 17.8.2022). In seiner Stellungnahme S 11/22 zum Referentenentwurf lehnte er diese Maßnahme entschieden ab. Das Instrument dürfe allenfalls bei einem erkennbaren Fehlverhalten des Steuerpflichtigen zum Einsatz kommen. Zudem seien die Höhe des Verzögerungsgelds und die automatische Verlängerung der Ablaufhemmung von einem Jahr unangemessen – so der DStV.
Der Regierungsentwurf (BR-Drs. 409/22) nimmt die Kritik erfreulicherweise auf. Der Prüfer soll danach – bevor er zu dem Instrument greift – den Steuerpflichtigen auf die Möglichkeit des qualifizierten Mitwirkungsverlangens hinweisen müssen. Erst wenn der Steuerpflichtige seinen Mitwirkungspflichten dann dennoch nicht nachkommt, soll der Prüfer das qualifizierte Mitwirkungsverlangen begründungslos einsetzen können.
Abgestimmte Rahmenbedingungen mit der Finanzbehörde
Steuerpflichtige können dem qualifizierten Mitwirkungsverlangen entkommen, wenn der Prüfer mit ihnen sog. Rahmenbedingungen für die BP festlegt. Im Dunkeln blieb nach dem Referentenentwurf, was damit genau gemeint ist.
Der DStV fürchtete, dass hier an implementierte Tax Compliance Management Systeme angeknüpft werden könnte. Damit wären gerade kleinere und mittlere Unternehmen (KMU) benachteiligt. Sie verfügen mitunter nicht über die Ressourcen für solche Systeme. Das heißt jedoch keineswegs, dass sie weniger „compliant“ sind als andere. Der DStV forderte daher eine Konkretisierung der „Rahmenbedingungen“.
Auch hier zeigt sich im Regierungsentwurf ein Lichtblick: „Die Vorschrift steht allen Arten von Vereinbarungen offen. Möglich ist etwa die Vereinbarung von Fristen, in denen Nachfragen nachgekommen werden soll, oder die Festlegung eines Prüfungsplans für die gesamte Prüfung. […] Die Aussparung bestimmter Prüfungsfelder kann ebenfalls Gegenstand der Vereinbarung sein.“- so die neue Gesetzesbegründung.
Früherer Start der BP in Sicht?
Eine Hauptkritik des DStV am Referentenentwurf war: Das Kernproblem der KMU ginge er nicht an - nämlich, dass Prüfer erst Jahre später an die Tür klopfen. Kleine und mittlere Kanzleien fordern einen viel früheren Start der BP, um früher Rechtssicherheit, weniger Aufwand bei der Sachverhaltsaufklärung und eine niedrigere Zinslast für KMU zu erreichen.
An dieser Stelle betritt der Regierungsentwurf Neuland. Für die Ertrag- und Umsatzsteuererklärungen soll die Prüfungsanordnung bis zum Ablauf des Kalenderjahrs erlassen werden, welches dem wirksam gewordenen Steuerbescheid folgt. Gibt die Finanzbehörde die Prüfungsanordnung später bekannt, verkürzt sich quasi die Ablaufhemmung. Die Prüfungsbescheide müssen danach i.d.R. spätestens fünf Jahre nach Ablauf des Kalenderjahrs ergehen, das auf das Kalenderjahr des wirksam gewordenen Steuerbescheids folgt. Erstreckt sich die BP auf mehrere Jahre, ist der Zeitpunkt des Wirksamwerdens des letzten Steuerbescheids maßgeblich.
Nach Auffassung des DStV ist dies ein bemerkenswerter Ansatz. Ob er einen Zeitgewinn bringt, wird ein spannender Diskussionspunkt im parlamentarischen Verfahren. Der DStV wird zudem seine Kritikpunkte an dem Regierungsentwurf nachdrücklich vorbringen.