BMF-Entwurf zu Bildungsleistungen: Experten und DStV fordern Nachbesserungen

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Seit dem 01.01.2025 gelten für die Umsatzsteuerbefreiung für Bildungsleistungen neue Regeln. Diese sorgen in der Praxis für erhebliche Unsicherheit. Das BMF legte jüngst den Entwurf eines Schreibens vor, das für Klarheit sorgen soll. Das Gegenteil ist der Fall. Deshalb fordern renommierte Umsatzsteuerexperten gemeinsam mit dem DStV eine Übergangsregelung und mehr Rechtssicherheit.

Mehrfach unternahm der Gesetzgeber den Anlauf, die umsatzsteuerliche Behandlung von dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen an die europäischen Vorgaben anzupassen. Den traurigen Höhepunkt fanden diese Bemühungen im Jahressteuergesetz 2024 (JStG 2024). Darin tauschte der Deutsche Bundestag eine bürokratiearme und rechtssichere Lösung der Bundesregierung kurzerhand gegen eine unklare, komplexe und höchst bürokratische Regelung aus. Die Neufassung von § 4 Nr. 21 UStG weitet den Anwendungsbereich immens aus und hält am Bescheinigungsverfahren fest. Ohne, dass klar ist, wie dieses Verfahren auf die nunmehr neu einzubeziehenden beruflichen Fortbildungen anzuwenden ist. Hiergegen hatte sich der Deutsche Steuerberaterverband e.V. (DStV) im Schulterschluss mit namhaften Umsatzsteuerexperten bereits frühzeitig und mit Nachdruck gewandt (vgl. DStV vom 04.11.2024).

Verstärkung der Unsicherheiten
Das BMF kündigte noch während des laufenden Gesetzgebungsverfahrens an, die Unsicherheiten durch ein Schreiben zu beseitigen. Dieses wurde jedoch erst am 17.01.2025 in die Verbändeanhörung gegeben. Beim Blick in diesen Entwurf wird schnell klar: Es bringt keine Klarheit, sondern verschärft die Probleme. Mit den renommierten Umsatzsteuerexperten Prof. Dr. Oliver Zugmaier, Dr. Markus Müller (beide KMLZ), Dr. Jörg Grune (Of Councel bei der INDICET Partners GmbH) und Prof. Rolf-R. Radeisen hat der DStV zu dem Entwurf des BMF in einer gemeinsamen Stellungnahme Position bezogen. Dabei waren sie sich einig: Es braucht eine Übergangsfrist und klare Vorgaben.

Dringend erforderlich: Übergangsfrist
Die Neufassung von § 4 Nr. 21 UStG als auch die Grundsätze des noch in Arbeit befindlichen BMF-Schreibens sollen auf Umsätze anzuwenden sein, die nach dem 31.12.2024 erbracht werden. Im Ergebnis verlangen der Gesetzgeber und die Finanzverwaltung eine Umsetzung der neuen Regeln, bevor die Verwaltung überhaupt klare Vorstellungen von deren Anwendung hat. Denn wie die zuständigen Landesbehörden die Bescheinigungen neuerdings zu erstellen haben, bleibt – insbesondere für berufliche Fortbildungen – beispielsweise offen.

Die extrem kurze Zeitspanne bis zum Inkrafttreten der Neuregelung bringt insbesondere die gewerblichen Anbieter, die die Bildungsleistungen bisher umsatzsteuerpflichtig angeboten haben, in eine völlig unzumutbare Lage. Politik und Verwaltung lassen die betroffenen Bildungsanbieter mit den Unsicherheiten und den daraus resultierenden finanziellen Risiken allein.

Ebenso schlimm: Das BMF plant, untergesetzlich geltende, praxisrelevante Abgrenzungsvorgaben kurzerhand zu streichen. Hierdurch würden – zusätzlich zu der kurzfristig verkündeten, neuen Gesetzesfassung - weitere Bildungsanbieter ohne Vorwarnung und mit allen nachteiligen Konsequenzen in die Steuerfreiheit einbezogen. Dies würde aufgrund einer fehlenden Übergangsregelung auch noch rückwirkend gelten.

Angesichts der Belastungen, die die Neuregelug für alle Seiten schafft, braucht es daher dringend eine Übergangsregelung. § 4 Nr. 21 Satz 1 Buchstabe a) und b) UStG sollte frühestens ab 01.01.2028 anzuwenden sein.

Dringend erforderlich: Rechtssicherheit im Bescheinigungsverfahren
Zum Nachweis der Steuerbefreiung ist eine Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde nötig. Das BMF grenzt in dem Entwurf nicht ein, wer diese bei der zuständigen Landesbehörde erwirken kann. Offen bleibt, ob das Finanzamt die zuständige Landesbehörde künftig weiterhin von Amts wegen einschalten kann. Wird diese Möglichkeit nicht rechtssicher in der Verwaltungsanweisung ausgeschlossen, können Unternehmer ihre Fortbildungen nur noch mit einem hohen Risiko weiterhin umsatzsteuerpflichtig anbieten. Es träfe sie künftig latent die Gefahr, dass das Finanzamt durch die Beantragung der Bescheinigung die Umsatzsteuerbefreiung für sie herbeiführt – womöglich sogar rückwirkend. Der wirtschaftliche Schaden wäre immens. Gerade Anbieter von beruflichen Fortbildungen, die seit Beginn 2025 in den Anwendungsbereich fallen, sind hiervon in besonderem Maße betroffen.

Mit Blick auf die europarechtskonforme Ausgestaltung der Regelung in Österreich fordern die Experten gemeinsam mit dem DStV daher nachdrücklich weitere Anpassungen, die zu mehr Rechtssicherheit für Bildungsanbieter führen sollen. Dort können Bildungsanbieter, die ihre Leistungen überwiegend an Unternehmer (B2B) erbringen, eine Ausnahme beantragen und ihre Leistungen mit Umsatzsteuer erbringen. Die Rechtslage in Österreich anführend drängt der DStV mit den Experten darauf: Anbieter, die keine Bescheinigung beantragen, müssen rechtssicher von der Steuerpflicht ihrer Leistungen ausgehen können.

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