Nachgefragt zur Bundestagswahl: DStV-Präsident Lüth im Austausch mit MdB Schrodi (SPD)

© DStV

Die neue Legislaturperiode naht in großen Schritten. Die Erwartungen der steuerberatenden Praxis an die künftige Bundesregierung sind angesichts der aktuellen Herausforderungen hoch. Wie stehen die maßgeblichen Entscheidungsträger aus dem Deutschen Bundestag dazu? DStV-Präsident StB Torsten Lüth hakt bei ihnen in der Reihe „3 Fragen – 3 Antworten“ nach.

„Die Schwäche der deutschen Wirtschaft ist chronisch geworden“, bemerkt das ifo Institut im aktuellen ifo Geschäftsklimaindex (Dezember 2024). Auch der steuerberatende und wirtschaftsprüfende Berufsstand ist geplagt von überbordender Bürokratie, komplexer und unsicherer Steuergesetzgebung. On top belasten ihn Rechtsunsicherheiten sowie ein ausgeprägter Fachkräftemangel. Gute steuer- und berufsrechtliche Rahmenbedingungen und umsetzbare, digitale Prozesse sind für die Arbeit der Steuerberaterinnen und Steuerberater sowie der Finanzverwaltung essenziell. Der Deutsche Steuerberaterverband e.V. (DStV) richtete seine Anregungen zur Verbesserung der Situation bereits im Dezember 2024 an die politischen Ansprechpartner (vgl. DStV-Information vom 17.12.2024).
Nun hat DStV-Präsident Lüth mit den folgenden drei Fragen beim finanzpolitischen Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, MdB Michael Schrodi, nachgefasst.

Frage 1: Die E-Rechnung gilt als Digitalisierungsbooster. Im Rahmen des europarechtlich vorgegebenen ViDA-Pakets sollen die Mitgliedstaaten bis zum 01.07.2030 ein digitales Meldesystem einführen. Danach sind grenzüberschreitende Umsätze zwingend zu melden, nationale können optional einbezogen werden. Offen ist jedoch die Ausgestaltung des Meldesystems. Hier hat Deutschland einen eigenen Spielraum. Unter Beachtung des Datenschutzes muss der Gesetzgeber in der nächsten Legislaturperiode entscheiden, wer das System betreibt und damit die Datenhoheit innehat. Ebenso bedarf es eines effizienten Systems, welches den Aufwand für alle Verfahrensbeteiligten geringhält. Zur Vermeidung zusätzlicher Bürokratie auf Seiten des Unternehmers und der Finanzverwaltung wäre etwa eine zeitgleiche Einbindung des steuerberatenden Berufsstands in den Datenaustausch zielführend.

Welche Ausgestaltung des digitalen Meldesystems streben Sie unter Berücksichtigung vorgenannter Aspekte an?


MdB Michael Schrodi:
Mit der Einführung der obligatorischen E-Rechnung haben wir bereits einen großen Schritt in Richtung Digitalisierung und Entbürokratisierung gemacht. So werden Unternehmerinnen und Unternehmer sowie die steuerberatenden Berufe langfristig entlastet. Das digitale Meldesystem muss diesen Weg weitergehen. So werde ich mich bei der Frage der konkreten Ausgestaltung dafür einsetzen, dass die Meldedaten genutzt werden können, um weiter Bürokratie abzubauen und Arbeitsvorgänge zu vereinfachen. Es ist zum Beispiel mit hoher Priorität zu prüfen, ob Meldedaten im Rahmen vorausgefüllter Umsatzsteuererklärungen oder -voranmeldungen zur Verfügung gestellt werden können oder ob bestimmte Erklärungspflichten perspektivisch nicht mehr erforderlich sind. Dabei ist die - auch technische - Einbindung der steuerberatenden Berufe unerlässlich. Um gemeinsam ein effizientes Meldesystem ausgestalten zu können, bedarf es bei der Erarbeitung des Feinkonzepts zu dem digitalen Meldesystem eines engen gemeinsamen Austauschs mit den betroffenen Unternehmerinnen und Unternehmern, den Verbänden der steuerberatenden Berufe und der Finanzverwaltung.

Frage 2: Der demografische Wandel hat weitreichende Folgen, auch für die steuer- und rechtsberatenden Berufe sowie die Finanzverwaltung. Der Mangel an Arbeitskräften schränkt Steuerberaterinnen und Steuerberater in ihrer Geschäftstätigkeit und bei der Ausübung ihrer Funktion als Organ der Steuerrechtspflege ein. In der Finanzverwaltung ist ein effizienter Steuervollzug mit zeitnahen Außenprüfungen sowie Rechts- und Planungssicherheit nicht möglich. Eine Vereinfachung des Steuerrechts könnte daher ein guter Anknüpfungspunkt sein, um hier Entlastung zu schaffen. Die vom BMF eingesetzte Expertenkommission „Bürgernahe Einkommensteuer“ hat im vergangenen Jahr bereits gute Empfehlungen erarbeitet. Die Einführung einer Rentenabzugsteuer, die Konzeption einer Arbeitstagepauschale zur Abgeltung der Aufwendungen für häusliches Arbeiten und der Fahrtwege oder eine Reform der Vorgaben für die Abschreibung von beweglichen Wirtschaftsgütern sind einige der Vorschläge.

Mit welchen Steuervereinfachungen können der Bürokratie- und Verwaltungsaufwand in Steuerberatung und Finanzverwaltung aus Ihrer Sicht reduziert und damit die Folgen des demografischen Wandels abgemildert werden?


MdB Michael Schrodi:
Dem Mangel an qualifiziertem Fachpersonal in Steuerberatung und Finanzverwaltung muss vor allem durch eine stärkere Digitalisierung des Besteuerungsverfahrens begegnet werden. Mit dem Bürokratieentlastungsgesetz IV haben wir beispielsweise die digitale Bekanntgabe von Steuerbescheiden in der Einkommensteuer ausgeweitet. Ergänzend dazu sollen in nächster Zeit die Digitalisierung des Gewerbesteuermessbescheids, des Körperschaftsteuerbescheids und der Bescheide für die Umsatzsteuer folgen.

Entlastungen können auch durch eine stärkere Pauschalierung erfolgen. Neben dem Arbeitnehmerpauschbetrag haben wir auch den Behinderten-Pauschbetrag an die aktuelle Entwicklung angepasst und damit seine Entlastungswirkung erhöht. Diesen Weg werden wir weiter beschreiten.

Wir befürworten eine Quellensteuerung von Renten und werden dafür bei den Ländern um Unterstützung werben.

Frage 3: Um dem zunehmenden Fachkräftemangel in den Kanzleien zu begegnen und etwa den Unternehmensmandaten die gewohnte Unterstützung anbieten zu können, ist eine zukunftsgerichtete Förderung des Berufsnachwuchses unerlässlich. Entscheidend für den Berufszugang ist die erfolgreiche Absolvierung der Steuerberaterprüfung. Das derzeitige Verfahren einer zeitlich konzentrierten Blockprüfung schafft eine stressbelastete Prüfungssituation, die insbesondere auf junge Menschen zunehmend abschreckend wirkt. Ein modularisiertes Verfahren und eine zeitliche Abschichtung von Prüfungsleistungen kann aus unserer Sicht eine ansprechende Alternative bedeuten. Auch eine Aufhebung der derzeitigen Beschränkung der Wiederholungsversuche sowie eine weitergehende Öffnung bei den geeigneten Hochschulabschlüssen kann dazu beitragen, die Steuerberaterprüfung für interessierte junge Menschen attraktiver zu gestalten.

Wie stehen Sie zu den Überlegungen, über eine modernisierte Steuerberaterprüfung den Zugang zum Steuerberaterberuf zu verbessern und damit den Fachkräftemangel zu bekämpfen?


MdB Michael Schrodi:
Ich sehe die Notwendigkeit und den Vorteil einer Reform der Steuerberaterprüfung. Der Fachkräftemangel trifft auch die steuerberatenden Berufe und diese müssen durch zukunftsfähige Neuregelungen für die Steuerberaterprüfung attraktiver werden. In der Einführung einer Modularisierung des Prüfungsverfahrens sehe ich eine Chance, für junge Menschen den Zugang zur Steuerberaterprüfung, die ein sehr hohes fachliches Niveau aufweist, zu erleichtern. In jedem Fall setze ich mich für eine zeitliche Entzerrung der Prüfungsabschnitte ein. Daneben sind durchaus weitere Anpassungen und Änderungen zu prüfen, wie die Abschaffung einer Maximalanzahl von Wiederholungsversuchen und dem Fakultätsvorbehalt. Auch hier gilt, dass das Zusammenwirken mit Verbänden und Verwaltung sowie den Ländern unabdingbar ist, damit wir nachhaltige und zukunftsorientierte Lösungen auf den Weg bringen können.

Bleiben Sie dran!
Im zweiten Teil der Reihe „3 Fragen – 3 Antworten“ erfahren Sie die Sicht von MdB WP/StB Fritz Güntzler, CDU/CSU-Bundestagsfraktion.

Das könnte Sie auch interessieren

  • 04.02.2025
    DStV-News 02/2025

    German Tax Advisers: Brüsseler Gespräche mit DStV-Präsident Lüth – DStV-Positionen zur Bundestagswahl 2025 – DStV fordert: Klarheit bei Ausweitung des Datensatzes der E-Bilanz – DStV informiert über Lohnerhöhung bei Wegfall der Inflationsausgleichsprämie, aktualisierte...

    Mehr lesen
  • 09.12.2024
    BMF-Abteilungsleiter Dr. Weith bei DStV-Vorstands- und Geschäftsführer-Konferenz

    In politisch stürmischen Zeiten nahm der Gast an der Herbstsitzung des DStV-Gremiums Mitte November teil. Er gab den Teilnehmern einen Einblick in die Arbeit des BMF, das trotz des Regierungsbruchs die Themen voranbringt. Dr. Nils Weith, Leiter der BMF-Steuerabteilung, und StB Torsten Lüth,...

    Mehr lesen
  • 08.11.2024
    Vorstellung Kommission von der Leyen II: Im Fokus Wopke Hoekstra

    Der Niederländer Wopke Hoekstra bleibt weiterhin in der Kommission von der Leyen II Klimakommissar. In seiner zweiten Amtszeit ist er auch für Steuern zuständig. Er kündigte bereits an, den derzeitigen steuerlichen Besitzstand der EU einem Stresstest zu unterziehen. Hoekstra verfügt über...

    Mehr lesen