Künstliche Intelligenz: Europa rüstet sich für die Datenflut
Nach der Veröffentlichung des Weißbuchs zur Künstlichen Intelligenz (KI) hat die EU-Kommission zur Teilnahme an einer diesbezüglich öffentlichen Konsultation geladen. Das Europäische Parlament dagegen positioniert sich, um dem anstehenden Bündel an Gesetzgebungsverfahren gleich zu Beginn seinen Stempel aufzudrücken. Doch was geht das die beratenden und prüfenden Berufe an? Eine Menge. Artificial Intelligence is about big data, data, data and again data, meinte die Präsidentin der EU-Kommission, Ursula von der Leyen, bei der Vorstellung des Weißbuchs über Künstliche Intelligenz am 19.2.2020. Daten werden auch den Alltag der beratenden und prüfenden Berufe erobern. Dabei werden Datenströme zur Analyse und zur Beratung genutzt. Die Datenqualität wird die Qualität der eigenen Leistung maßgeblich bestimmen. Deshalb benötigen gerade Steuerberater und Wirtschaftsprüfer als überwiegend kleine und mittlere Unternehmen einen sicheren Zugang zu qualitativ hochwertigen Daten. Dies muss der Europäische Gesetzgeber durch technische Vorgaben und rechtliche Rahmenbedingungen gewährleisten. Genauso wie die Qualität von Daten schafft die Sicherheit von KI-Systemen die Grundlage für ein vertrauensvolles Arbeiten. Die EU-Kommission schlägt deshalb ein freiwilliges Kennzeichnungssystem vor, es sei denn die eingesetzte KI-Anwendung würde als hochriskant eingestuft, weil die Art des zu erwartenden Schadens als außerordentlich hoch erachtet würde. In diesem Fall müssten andere Sicherheitsvorkehrungen für KI getroffen werden. Zur Disposition steht etwa ein externes Konformitätsverfahren, was für die Anwender schnell zu einer Kostenfrage werden dürfte. Auch müsste der Begriff des freiwilligen Kennzeichnungssystems spezifiziert und durch Mindeststandards festgesetzt werden, um eine undurchsichtige Ansammlung verschiedenster, aber wirkungsloser Gütesiegel zu vermeiden. Außerdem müssen Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und ihre Mitarbeiter neue Kompetenzen erlernen. Der Zugang zu unabhängigem Know-how, zu Experten und nicht zuletzt zu finanziellen Förderungen muss deshalb auch den beratenden und prüfenden Berufen im ausreichenden Maße offenstehen. Gleichzeitig müssen die eigenen Mandantendaten im Datendschungel geschützt bleiben. Zudem werden Regeln benötigt, die Haftungsfragen klären, wenn KI-Algorithmen innerhalb von selbstlernenden Prozessen falsche Verknüpfungen bilden und deshalb Ergebnisse liefern, durch die Mandanten oder Finanzbehörden zu Schaden kommen. Dabei gilt es Fragen zu klären, inwieweit etwa ein beratender bzw. prüfender Anwender oder ein Hersteller von KI haftet, wenn die Führung des Nachweises eines Mangels im KI-System aufgrund dessen Komplexität und seiner speziellen Eigenschaft des Selbstlernens überhaupt nicht zu leisten ist. Wer haftet also, wenn der Fehler durch die Eigenart der KI selbst eintritt und kein Verschulden von Anwender oder Hersteller feststellbar ist? Der Rechtsausschuss des Europäischen Parlaments beschäftigt sich bereits mit einem Initiativbericht dazu. Besondere Bedeutung kommt dabei den deutschen Europaabgeordneten Axel Voss (CDU) als Berichterstatter und Evelyne Gebhardt (SPD) als Schattenberichterstatterin zu.
Als Berichterstatterin für die Stellungnahme des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz ist zudem die Hamburgerin Svenja Hahn (FDP) bestellt. Dabei ist der Bericht über Haftungsfragen nur einer von insgesamt sechs Initiativberichten des Europäischen Parlaments zum Thema KI überhaupt. Stand: 11.5.2020