Finanzverwaltung für die Zukunft
„Finanzverwaltung für die Zukunft – im Spannungsfeld von Bürgernähe und föderalen Strukturen“ so lautete das vielversprechende Motto des Workshops des nordrhein-westfälischen Ministeriums der Finanzen in Kooperation mit dem österreichischen Bundesministerium für Finanzen. Auf dem Panel für den Berufsstand mit dabei: Der DStV.
Für viele Bürger stellt die Finanzverwaltung den häufigsten Berührungspunkt mit dem Staat dar. So die einführende Feststellung von Lutz Lienenkämper, Minister der Finanzen des Landes Nordrhein-Westfalen. Bereits der Titel der Veranstaltung am 28.3.2022 verdeutlichte, eine Reform der Finanzverwaltung muss unterschiedlichste Anforderungen erfüllen.
Zunehmende Service-Orientierung der Finanzverwaltung
Klar ist: Die Erwartung der Steuerpflichtigen an die Servicequalität steigt. Das ist kein rein deutsches Phänomen, sondern zieht sich wie ein roter Faden auch durch Reformmaßnahmen in der übrigen „DACH“-Region und darüber hinaus – etwa in Luxemburg. Dr. Angelika Schätz, Sektionschefin im Bundesministerium der Finanzen Österreich, bot im Rahmen des Workshops hierzu einen spannenden Einblick in die Modernisierung der Finanzverwaltung in Österreich. Diese ist von einer zunehmenden Zentralisation geprägt, welche dort u.a. die Digitalisierung des Besteuerungsverfahrens fördert.
Auch wenn Österreich gerne als Vorbild für deutsche Modernisierungsprojekte dient, so scheint in Deutschland eine föderale Struktur der Finanzverwaltung auch künftig unumgänglich. Thomas Eigenthaler, Bundesvorsitzender der Deutschen Steuer-Gewerkschaft, skizzierte in der Paneldiskussion vielmehr das Ziel eines modernen kooperativen Föderalismus. Als Hemmschuh für eine moderne und leistungsfähige Verwaltung identifizierte er jedoch die aktuell vielen unbesetzten Stellen.
Digitale Schritte in die Zukunft benötigt
Mit dem Problem des fehlenden Nachwuchses ist die Verwaltung jedoch keineswegs allein. RAin/StBin Sylvia Mein, Geschäftsführerin des Deutschen Steuerberaterverbands e.V. (DStV), berichtete von Personalnöten auch in vielen Steuerberatungskanzleien. Dies sei misslich, da der Berufsstand gleichermaßen in das Spannungsfeld zwischen Steuerpflichtigen und Finanzverwaltung eingebunden sei.
Umso wichtiger sei daher, dass die Digitalisierung weiter vorangetrieben werde. Deutschland sei zwar auf einem guten Weg. Viele Digitalprojekte im Rahmen des ELSTER-Besteuerungsverfahrens seien bereits angestoßen. Jedoch stießen Betroffene im Arbeitsalltag noch allzu oft auf digitale Abbruchkanten: insbesondere im Bereich der medienbruchfreien Kommunikation zwischen Unternehmen, deren steuerlichen Beratern und den Finanzbehörden. Man denke nur an die Unternehmensteuerbescheide zur Gewerbe-, Körperschaft- und Umsatzsteuer, die anstelle von elektronisch strukturierten Daten klassischerweise per Papier ins Haus flatterten. Ebenso bestünden Defizite bei der Betriebsprüfung. Noch würden weit überwiegend Datenträger wie USB-Sticks per Post an die Finanzverwaltung übermittelt. Einzelne Bundesländer böten inzwischen digitale Plattform-Lösungen an – wie Hessen mit HessenDrive oder Baden-Württemberg mit SteuerCloud Ba-Wü. Solche Angebote müssten nun bundesweit in die Fläche gehen.
Starker Weiterentwicklungswillen
Dr. Rolf Möhlenbrock, Leiter der Steuerabteilung im Bundesministerium der Finanzen, erachtete gerade die föderale Struktur Deutschlands mit Blick auf weitere Digitalisierungsvorhaben als Vorteil. Sie sei ein Qualitätsgarant. Von den Erfahrungen Einzelner, etwa im Rahmen von Pilotprojekten, könnten schließlich alle Bundesländer profitieren.
Da im Zeitalter der Digitalisierung jeder Stillstand einen Rückschritt bedeutet, können Steuerpflichtige nur darauf hoffen, dass der Wille zur digitalen Weiterentwicklung ungebremst stark bleibt.
An der informativen, gut besuchten Veranstaltung nahm für den DStV auch Daniela Ebert LL.M., Referatsleiterin Steuerrecht, teil. Die Aufzeichnung der Veranstaltung finden Sie hier.