Europäisches Berufsrecht im digitalen Zeitalter

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Im Dezember veröffentlichte die EU-Kommission mit dem Gesetz über digitale Dienste ihren Vorschlag zur Neuregelung digitaler Dienstleistungen. Im Vorfeld wurde dem Regelwerk genug Sprengkraft prophezeit, um das nationale Berufsrecht zum Einsturz zu bringen. Vorerst muss das Minenräumkommando aber nicht ausrücken. Die Digitalisierung der alltäglichen Arbeit von Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern schreitet stetig voran. Meetings finden online statt, Papier wird digital, Digitales vernetzt und mittels künstlicher Intelligenz und Big Data automatisiert. Zukünftig wird die Standortnähe deshalb einen weniger entscheidenden Faktor zur Mandantenbindung darstellen. Wenn der Kanzleistandort aber nicht mehr so entscheidend ist wie bisher und die beratenden und prüfenden Berufe ihre Tätigkeit im Grundsatz ortsungebunden erbringen können, dann stellt sich in einem vertieften EU-Binnenmarkt zwangsläufig die Frage, welche Rolle das nationale Berufsrecht in einer durch die zunehmende Digitalisierung grenzenlosen Zukunft noch spielen kann. Vor diesem Hintergrund hatte der DStV der Veröffentlichung des Vorschlags der EU-Kommission zum Gesetz über digitale Dienste am 15.12.2020 mit einiger Spannung entgegengesehen. In zahlreichen Gesprächen, Stellungnahmen und Konsultationsbeiträgen hatte der DStV sich im Vorfeld gegenüber EU-Kommission und EU-Parlament für den Erhalt des sog. Ziellandprinzips für digital erbrachte Dienstleistungen der beratenden und prüfenden Berufe eingesetzt. Doch selbst das EU-Parlament, als die traditionell berufsrechtsfreundlichere EU-Institution, hatte sich in ihrem Initiativbericht zum Gesetz über digitale Dienste bereits auf den Grundsatz des sog. Herkunftslandprinzips festgelegt, allerdings Ausnahmen zugelassen. Die Anwendung des Herkunftslandprinzips für digitale Dienste hätte aber dazu geführt, dass digitale Dienste, also möglicherweise softwarebasierte oder per E-Mail übersandte Dienstleistungen, künftig nicht mehr vom bestehenden Berufsrecht abgedeckt wären. Hätte, hätte, Fahrradkette. Unter Federführung seiner Vizepräsidentin, Margrethe Vestager, veröffentlichte die EU-Kommission erfreulicherweise keinen deregulierenden Vorschlag, sondern beschränkte sich darauf, die Vermittlung von Diensten auf digitalen Plattformen und Marktplätzen besser zu regeln.
Vizepräsidentin und EU-Kommissarin für Digitales, Margrethe Vestager, bei der Vorstellung des Entwurfs des Gesetzes über digitale Dienste © Europäische Kommission
Damit kann sich das Gesetz über digitale Dienste auch für den Berufstand nun sogar vorteilhaft auswirken. Im Falle von Angeboten nicht-qualifizierter Anbieter aus dem In- oder Ausland auf digitalen Marktplätzen, die den Angehörigen der beratenden und prüfenden Berufen vorbehalten sind, kann es etwa leichter werden, diese Angebote wieder entfernen zu lassen. Nach der Ankündigung mit der EU-Dienstleistungskarte und dem Notifizierungsverfahren die umstrittensten Teile des sog. Dienstleistungspakets zurückzunehmen, ist die Beschränkung des Gesetzes für digitale Dienste auf die Regelung vermittelnder Plattformen ein weiterer wichtiger Erfolg für den DStV und die German Tax Advisers auf europäischer Ebene. Doch auch in Brüssel gilt das „Struck‘sche Gesetz“, wonach kein Vorschlag EU-Parlament und EU-Ministerrat verlässt, wie er hineinkommt. Es gilt also wachsam zu bleiben, den weiteren Gang des Gesetzgebungsverfahrens aufmerksam zu verfolgen und das Minenräumkommando in Bereitschaft zu halten. Stand: 6.1.2021

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