BFH-Urteil zur Kaufpreisaufteilung bei Grundstücken: Absage für BMF-Arbeitshilfe
Seit ihrer Veröffentlichung steht die BMF-Arbeitshilfe zur Kaufpreisaufteilung in der Kritik. Damit gehen zugleich viele Unsicherheiten in der Praxis einher. Nun hat der Bundesfinanzhof (BFH) ein lang erwartetes Urteil veröffentlicht. Der DStV-Steuerrechtsausschuss gibt weitere wertvolle Hinweise im Fall einer Grundstücksbewertung.
Blick der Praxis: BMF-Arbeitshilfe vielfach untauglich
Bereits seit April 2014 stellt das Bundesministerium der Finanzen (BMF) eine Arbeitshilfe zur Aufteilung eines Gesamtkaufpreises für ein bebautes Grundstück (Kaufpreisaufteilung) als unverbindliches Hilfsprogramm für die Steuerverwaltung zur Verfügung. Sie soll gleichfalls ein Serviceangebot für die Steuerpflichtigen darstellen. Seitdem steht die BMF-Arbeitshilfe jedoch in der Kritik: Berichten aus der Praxis zufolge liefere sie weder marktkonforme noch überzeugend nachvollziehbare Aufteilungsergebnisse. Dies problematisiert auch der DStV-Steuerrechtsausschuss. Insbesondere die starken Preissteigerungen bei Immobilien in Regionen mit starkem Nachfrageüberhang führen zu einer Erhöhung des Bodenwerts. Durch die Berechnungssystematik des BMF-Tools kommt es demnach zu einer Überbewertung des Grund und Bodens gegenüber dem Gebäude. Dies führt regelmäßig zu intensiven Erörterungen mit der Finanzverwaltung legt sie die Ergebnisse der BMF-Arbeitshilfe als Allheilmittel der Besteuerung zugrunde.
Durch die Richterbrille: Der strittige Sachverhalt
Auf den Schreibtischen der BFH-Richter lag nun der folgende Sachverhalt (vgl. BFH-Urteil vom 21.7.2020, Az. IX R 26/19): Eine Vermieterin hatte eine Eigentumswohnung in einer Großstadt zum Kaufpreis von 110.000 erworben. Davon sollten gemäß Kaufvertrag 20.000 auf das Grundstück entfallen. Der Gebäudeanteil für Abschreibungszwecke betrug folglich rund 82 %. Dem folgte das Finanzamt nicht und ermittelte mit der im Internet bereitgestellten BMF-Arbeitshilfe zur Kaufpreisaufteilung einen Gebäudeanteil von rund 31 %. So sah es auch das Finanzgericht, das die Arbeitshilfe sowohl als geeignetes Wertermittlungsverfahren als auch geeignete Schätzungshilfe bewertete.
Anders hingegen die Auffassung des BFH: Zwar sei die im entschiedenen Fall zur Anwendung gekommene vertragliche Kaufpreisaufteilung wirtschaftlich nicht haltbar und verfehle die realen Wertverhältnisse. Eine ersatzweise Anwendung der BMF-Arbeitshilfe sei jedoch gleichfalls keine geeignete Lösung. Die BMF-Arbeitshilfe gewährleiste die von der Rechtsprechung geforderte Aufteilung nach den realen Verkehrswerten von Grund und Gebäude im entschiedenen Fall nicht. Vielmehr verenge sie die zur Verfügung stehenden Bewertungsverfahren auf das (vereinfachte) Sachwertverfahren und lege der Kaufpreisaufteilung unzulässige Parameter zugrunde.
Panoramablick: Auf der Suche nach dem besten Weg
Grundsätzlich empfiehlt der DStV-Steuerrechtsausschuss: Es lohnt sich bereits im Kaufvertrag eine nachvollziehbare Regelung zur Aufteilung des Kaufpreises auf Grundstück und Gebäude zu vereinbaren. Diese ist sodann für die Aufteilung auf Grund und Boden sowie Gebäude zugrunde zu legen und als Grundlage zur Berechnung der AfA auf das Gebäude heranzuziehen (vgl. BFH-Urteil vom 16.9.2015, Az. IX R 12/14). Voraussetzung hierfür ist, dass die vertragliche Einigung der Vertragsparteien über den Grundstücksanteil im Gesamtkaufpreis nicht nur zum Schein getroffen wurde und keinen Gestaltungsmissbrauch darstellt. Alternativ kann seitens der Vertragsparteien auch eine Schätzung herangezogen werden. Diese ist nach Auffassung des BFH (vgl. BFH-Urteil vom 10.10.2000, Az. IX R 86/97) in dem Maße zu beachten, in dem die Grundlagen der Schätzung nachvollziehbar und plausibel sind.
In der Literatur gibt es hierzu Verfahrensvorschläge. Eine Berechnungsmethode, das sog. umgekehrte Ertragswertverfahren, haben Jacoby/Geiling hierzu erarbeitet (vgl. Kaufpreisaufteilung bei Grundstücksanschaffungen Quo vadis?, DStR 2020, S. 481 ff.). Für eine Schätzung seitens des Finanzamts müssen hingegen sog. nennenswerte Zweifel an der vereinbarten Aufteilung vorliegen, wie z.B. Anhaltspunkte für die Vereinbarung eines Scheingeschäfts oder einen Gestaltungsmissbrauch (vgl. BFH-Urteil vom 16.9.2015, Az. IX R 12/14).
Das vereinfachte Schätzungsverfahren der Finanzverwaltung konnte die Münchner Richter aufgrund der systemischen Defizite der Kaufpreisaufteilung nicht überzeugen. Insbesondere der fehlende Orts- oder Regionalisierungsfaktor bei der Ermittlung des Gebäudewerts stelle einen erheblichen Mangel des BMF-Berechnungstools dar. Diese fehlende Berücksichtigung lokaler Gegebenheiten führe gerade in Großstädten mit hohen Bodenrichtwerten zu einem überproportionalen Anteil des Grund und Bodens und damit zu mitunter sehr niedrigen Gebäudebewertungen. Im Fall einer streitigen Grundstücksbewertung ist der Gebäudeanteil nach Weisung des BFH regelmäßig durch das Gutachten eines unabhängigen vereidigten Sachverständigen zu ermitteln.
Stand: 3.12.2020