3 Fragen an MdB StBin Antje Tillmann (CDU/CSU) - finanzpolitische Sprecherin



Ein Blick auf steuerpolitische Weichen vor der Bundestagswahl

 

Der steuerberatende und wirtschaftsprüfende Berufsstand hat sich im Rahmen der Krisenbewältigung der Corona-Pandemie als verlässlicher Partner für Wirtschaft und Politik erwiesen. Dafür nimmt er derzeit außerordentliche Belastungen in Kauf. Natürlich stellen sich viele Mitglieder die Frage, wie es nach der Wahl weitergeht - welche steuerpolitischen Rahmenbedingungen für sie in der kommenden Legislaturperiode herrschen. Insbesondere fürchten viele zunehmende Bürokratie, die den Kanzleialltag weiter erschweren würde. Gern möchten wir Ihnen zu möglichen Be- bzw. Entlastungen 3 konkrete Fragen stellen:

 

Frage 1: Das Vorhaben zur Modernisierung der Thesaurierungsbegünstigung für Personenunternehmen und Einzelunternehmer hat die Politik bereits seit vielen Jahren auf dem Zettel. Erst jüngst sollten die steuerlichen Rahmenbedingungen für mittelständische Personengesellschaften und Familienunternehmen mit dem Gesetz zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts verbessert werden. Problematisch hieran: Das mit dem Gesetz neu eingeführte sog. Optionsmodell ist allenfalls für große Gesellschaften mit deutlichem Thesaurierungspotential interessant. Wie wollen Sie künftig die besonderen Bedürfnisse des Mittelstands – dem „Rückgrat der deutschen Wirtschaft“ - stärker berücksichtigen und eine Stärkung der Eigenkapitalbasis von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) erreichen?

 

MdB StBin Antje Tillmann:

Im Vergleich zu anderen Ländern in Europa und der Welt ist die Belastung der deutschen Unternehmen hoch. Unter Einbezug des Solidaritätszuschlages und der auf die Körperschaftsteuer nicht anrechenbaren Gewerbesteuer ist die Steuerbelastung der Kapitalgesellschaften auf über 30 % bis zu 35 %, die Steuerbelastung der Personengesellschaften auf 45 % gestiegen. Unser Ziel ist es deshalb, die Steuerbelastung sowohl für Kapitalgesellschaften als auch für Personengesellschaften für nicht ausgeschüttete Gewinne bei maximal 25 % zu deckeln.

Neben der von Ihnen angesprochenen Option, wie eine Kapitalgesellschaft besteuert zu werden, muss aber auch die aktuelle Steuerbelastung von Personengesellschaften für nicht entnommene Gewinne (thesaurierte Gewinne) reduziert werden. Die Gesellschafter von Personengesellschaften können zwar thesaurierte Gewinne einer ermäßigten Besteuerung unterwerfen. Aufgrund der engen Fassung der Regelung wird sie derzeit lediglich von 0,09 % der potenziellen Personengesellschaften in Anspruch genommen. Außerdem wird die Belastungsneutralität, die sich der Gesetzgeber zum Ziel gesetzt hatte, nur bei Personenunternehmen mit sehr hohen Gewinnen erreicht. Es besteht deshalb dringender Handlungsbedarf.

Eine Tarifabsenkung des Thesaurierungssatzes auf 20 % würde die Belastungsgleichheit einer größeren Anzahl von Personengesellschaften gegenüber thesaurierenden Kapitalgesellschaften, unter Berücksichtigung der Steuerentnahmen und der Gewerbesteuer als nicht abziehbare Betriebsausgabe, herstellen.

Zur Verbesserung der praktischen Anwendung der Thesaurierungsbegünstigung sollte zudem ein Entnahmevolumen festgelegt werden, bis zu dessen Höhe laufende Entnahmen aus Altrücklagen auch während der Anwendung der Thesaurierungsbegünstigung möglich sind. Außerdem sollten die auf den Begünstigungsbetrag entfallenden Steuern mit in den Begünstigungsbetrag einbezogen werden.

Als dritte Verbesserungsmaßnahme sollte die Thesaurierungsbegünstigung erfolgsabhängig und flexibel ausgestaltet werden, damit auch kleinere Personengesellschaften davon profitieren können. Dies könnte zum Beispiel durch eine Anpassung der Nachbelastung an den individuellen Steuersatz in Verbindung mit dem Teileinkünfteverfahren erfolgen.

 

Frage 2: Die lange Dauer steuerlicher Außenprüfungen ist für viele Unternehmen und deren steuerliche Berater eine echte Belastung. Gerade KMU beklagen die langanhaltende Rechtsunsicherheit, die oftmals mit finanziellen Risiken und bürokratischem Aufwand zur Ermittlung der Sachverhalte einhergeht. Europäische Nachbarländer, wie Österreich oder die Niederlande, wirken dem bereits mit dem Konzept der begleitenden Kontrolle entgegen. Wie kann die steuerliche Außenprüfung, gerade für KMU, besser ausgestaltet werden?

 

MdB StBin Antje Tillmann:

Betriebsprüfungen dauern teilweise viele Jahre. Gerade aus Gründen der Rechtssicherheit und des zeitnahen Abschlusses der steuerlich relevanten Tatbestände ist die Verstärkung der Prüfungskapazitäten und damit einhergehend die zeitnähere Betriebsprüfung von großem Vorteil und würde einen wichtigen Beitrag zum Bürokratieabbau leisten. Zudem können langwierige Betriebsprüfungen zu zusätzlichen finanziellen Belastungen der Unternehmen führen, indem weitere Zinsen entstehen.

Hier erarbeiten Bund und Länder bei den Betriebsprüfungen gerade gemeinsame Lösungen für die Praxis. In der neuen Legislaturperiode werden wir uns frühzeitig den Stand der Verhandlungen darlegen lassen.

Denkbar ist jedenfalls die von Ihnen erwähnte Einführung einer kooperativen Betriebsprüfung. Sie könnte dazu führen, dass Betriebsprüfungen zeitnah, zügig und mit kleinstmöglichem Aufwand für alle Beteiligten erfolgen könnten. Dies hätte für die Unternehmen z.B. auch den Vorteil, dass Aufbewahrungspflichten verkürzt werden könnten. Damit könnten insbesondere bürokratische und verwaltungstechnische Vereinfachungen geschaffen werden.

Die kooperative Betriebsprüfung könnte an das österreichische Modell der Außenprüfung angelehnt werden. Dabei erfolgt eine laufende Abstimmung mit den Finanzbehörden anstatt einer späteren Betriebsprüfung. Durch die kooperative Zusammenarbeit entfällt die Notwendigkeit einer jährlichen Bescheidprüfung. Zwar ergeben sich erhöhte Offenlegungspflichten für die Unternehmen, dies bringt aber auch Vorteile wie erweiterte Auskunftspflichten seitens der Finanzbehörden und eine erhöhte Rechts- und Planungssicherheit für die Unternehmen mit sich. Langwierige Betriebsprüfungen dürfen jedenfalls nicht zum Nachteil der Steuerpflichtigen führen.

 

Frage 3: Mit dem Gesetz zur Einführung einer Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen treffen den Berufsstand zusätzliche Meldepflichten. Ziel der Pflicht soll sein, unliebsame Steuergestaltungen frühzeitig zu erkennen und zu unterbinden. Die Evaluation, ob die Anzeigepflicht den gewünschten Erfolg hat, ist noch offen. Dies dürfte erst eine gesamteuropäische Betrachtung zeigen können. Nichtsdestotrotz diskutieren einige politische Vertreter bereits jetzt eine ergänzende Mitteilungspflicht für nationale Gestaltungen. Dies dürfte zu einem signifikanten Mehraufwand, Rechtsunsicherheiten und Haftungsrisiken für Steuerpflichtige und ihre Berater führen. Gerade kleine und mittlere Kanzleien fürchten die damit verbundene Bürokratie bei ohnehin knappen Personalressourcen und die Belastung des meist langjährig gewachsenen Mandatsverhältnisses. Wie stehen Sie zu dem Vorstoß, Anzeigepflichten für rein nationale Steuergestaltungen zu implementieren?

 

MdB StBin Antje Tillmann:

Wir lehnen es ab, Anzeigepflichten für nationale Steuergestaltungen einzuführen. Im deutschen System der modifizierten Amtsveranlagung liegen dem Finanzamt alle steuerlich erheblichen Informationen bereits vor. Eine zusätzliche Anzeigepflicht einzuführen ist deshalb am Maßstab des verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsprinzips nicht erforderlich.

Bei grenzüberschreitenden Steuergestaltungen hat der Fiskus hingegen nicht das Gesamtbild der steuerlichen Transaktion. Regelmäßig fehlen Informationen über das ausländische Steuerrecht. Deshalb war die Einführung der Anzeigepflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltungen richtig. Allerdings haben wir bereits im Gesetzgebungsverfahren gemerkt, dass das Bundesfinanzministerium die EU-Richtlinie an vielen Stellen überschießend umsetzen wollte. Wir haben uns erfolgreich dafür eingesetzt, die Mitteilungspflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltungen auf das erforderliche Mindestmaß zu beschränken. Auch die Evaluierung der EU-Kommission und der Mitgliedstaaten im Sommer 2022 werden wir sehr genau beobachten und uns über die EVP-Fraktion dafür einsetzen, die Richtlinie auf das erforderliche Mindestmaß zurückzuführen.

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