3 Fragen an MdB Dr. Manuela Rottmann (Bündnis 90/ Die Grünen)



3 Fragen – 3 Antworten: DStV-Präsident StB Torsten Lüth befragt mit Blick auf die Bundestagswahl die Abgeordneten aus den für Berufs- und Europarecht zuständigen Ausschüssen des Deutschen Bundestages. Der steuerberatende und wirtschaftsprüfende Berufsstand hat sich im Rahmen der Krisenbewältigung der Corona-Pandemie als verlässlicher Partner für Wirtschaft und Politik erwiesen. Dafür nimmt er derzeit außerordentliche Belastungen in Kauf. Natürlich stellen sich viele die Frage, wie es nach der Wahl weitergeht.

Wenige Wochen vor dem Wahltermin hat sich StB Torsten Lüth, Präsident des Deutschen Steuerberaterverbandes e.V. (DStV), mit jeweils drei zentralen Fragen aus den Bereichen Berufs- und Europarecht an die jeweils zuständigen Abgeordneten der Bundestagsfraktionen gewandt. In diesem Beitrag antwortet Dr. Manuela Rottmann, MdB Obfrau ihrer Fraktion im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz. 

Frage 1: Nach unserer Überzeugung entsprechen die Entscheidungen nicht der vom Gesetzgeber mit dem Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) geschaffenen Rechtslage und verwehren den Berufsangehörigen ein unmittelbares Tätigwerden in diesem Bereich. Mit Blick auf die Aufgaben, die heute typischerweise von ihnen im Rahmen der Lohnbuchführung erledigt werden, ist eine Klarstellung des Gesetzgebers zu den Kompetenzen der Steuerberater*innen dringend erforderlich, um die aktuelle gesetzliche Schieflage zwischen den wahrgenommenen Aufgaben und den Vertretungsbefugnissen aufzulösen.

Welche Möglichkeiten sehen Sie, die derzeitige unbefriedigende rechtliche Situation zu beseitigen und welche Lösungen würden Sie vorschlagen?

MdB Dr. Manuela Rottmann: Aufgabe von Politik ist es, unterschiedliche Interessen in den Blick zu nehmen. So haben etwa die Entwicklungen im Bereich Legal Tech gezeigt, dass wir einen neuen, angepassten politischen Ordnungsrahmen für die Rechtsdienstleistung brauchen. Das Gesetz zur Förderung verbrauchergerechter Angebote im Rechtsdienstleistungsmarkt hat Klarstellungen im Rechtsdienstleistungsrecht vorgesehen, die es aufgrund von Entwicklungen in der Praxis gab. Wir setzen uns für eine bessere Durchsetzung und eine fortlaufende Weiterentwicklung des Rechts ein.

Frage 2: Heute werden jeden Monat weit mehr als 14 Mio. Lohn- und Gehaltsabrechnungen allein durch Steuerberater*innen erstellt[1]. Der Berufsstand leistet damit einen wichtigen Beitrag, um die Funktionsfähigkeit der sozialen Sicherungssysteme sicherzustellen, indem er für die ordnungsmäße Ermittlung und Abführung der Beiträge sorgt.

Wie kann aus ihrer Sicht gewährleistet werden, dass sich diese Bedeutung mit Blick auf die Zahlen auch in den gesetzlichen Vertretungsbefugnissen angemessen widerspiegelt?

MdB Dr. Manuela Rottmann: Den Beitrag der Steuerberater*innen, die vielfältigen und wichtigen Aufgaben und den sich stets weiterentwickelnden Tätigkeitsbereich in der Praxis haben nicht zuletzt die komplizierten Wirtschaftshilfen in der Corona-Pandemie aufgezeigt.

Dass die berufliche Zusammenarbeit durch das Gesetz zur Neuregelung des Berufsrechts der anwaltlichen und steuerberatenden Berufsausübungsgesellschaften sowie zur Änderung weiterer Vorschriften im Bereich der rechtsberatenden Berufe erleichtert wurde, begrüßen wir. Eine Liberalisierung der berufsrechtlichen Einschränkungen bei der Zusammenarbeit freier Berufe ist geboten. Dadurch wird eine größere gesellschaftsrechtliche Organisationsfreiheit gewährt und weitgehend einheitliche und rechtsformneutrale Regelungen für anwaltliche und steuerberatende Berufsausübungsgesellschaften geschaffen, die die interprofessionelle Zusammenarbeit erleichtern.

Gerade im Sozialversicherungsrecht wollen wir die Rahmenbedingungen insgesamt verbessern. Dazu gehört, dass das Statusfeststellungsverfahren transparenter, schneller und rechtssicherer gestaltet wird. Insbesondere bei der Abgrenzung zwischen selbständiger Tätigkeit und abhängiger Beschäftigung muss für mehr Rechts- und Planungssicherheit gesorgt werden, um Scheinselbständigkeit zu verhindern und die Statusfeststellung von Selbständigen zu erleichtern. Wie dabei weitere Vertretungsbefugnisse der Steuerberater*innen ausgestaltet werden könnten, werden wir prüfen.

Frage 3: Der Blick in das EU-Ausland zeigt, dass etwa in Österreich, welches über ein vergleichbares Berufsrecht verfügt, nach dem Wirtschaftstreuhandberufsgesetz (WTBG) aus dem Jahr 2017 auch die Beratung und Vertretung in Beitrags-, Versicherungs- und Leistungsangelegenheiten der Sozialversicherungen, einschließlich der gerichtlichen Vertretung zu den Steuerberater*innen und Wirtschaftsprüfer*innen berufsgesetzlich ausdrücklich zugewiesenen Tätigkeiten gehören[2].

Könnte es aus Ihrer Sicht ein gangbarer Weg sein, aufgrund der vergleichbaren Berufsbilder in Deutschland und Österreich eine auf das Sozialversicherungsrecht bezogene Regelung auch im deutschen Recht zu etablieren?

MdB Dr. Manuela Rottmann: Die Regelungen aus Österreich eigenen sich in jedem Fall als ein Beispiel dafür, wie die von Ihnen vorgeschlagenen Regelungen gestaltet und diese zusätzlichen Einsatzbereiche in der Ausbildung von Steuerberater*innen verankert werden könnten. Regelungen aus dem EU-Ausland können als Diskussionsgrundlage dienen, allerdings müssen die jeweiligen Besonderheiten der Rechtssysteme berücksichtigt und die Vergleichbarkeit genau geprüft werden.

 

[1] Vgl. etwa https://www.datev.de/web/de/m/ueber-datev/das-unternehmen/kurzprofil/

[2] Vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 3 WTBG. Steuerberater*innen und Wirtschaftsprüfer*innen dürfen Österreich in gewissem Umfang auch arbeitsrechtliche Verträge gestalten (vgl. § 2 Abs. 3 Nr. 1 WTBG 2017). In entsprechender Weise sieht auch die österreichische Prüfungsordnung vor, dass das Sozialversicherungsrecht sowie das Arbeitsrecht zu den Prüfungsgebieten der mündlichen Prüfung gehören (vgl. § 9 Abs. 4 Nr. 4 Wirtschaftstreuhandberufs-Prüfungsordnung 2017).

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